1. Juni 2009

Das Schmusium ist in unseren Lungen

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Der futurologische Kongress - Stanisław Lem
Deutsches Theater (Box & Bar)
Regie, Bühne & Kostüme: Martin Kloepfer
mit: Kornelius Heidebrecht, Thomas Schmidt

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Dass jemand überhaupt ein Werk von Lem auf die Bühne bringen kann - und besonders den futurologischen Kongress - scheint absurd genug. Martin Kloepfert hat es offensichtlich gewagt.
Das Bühnenbild ist karg, aber raffiniert, Ijon Tichy (Thomas Schmidt) selbst erzählt uns vom Kongress, von nackten Verlegern, Kongressen, deren Referenten in Zahlen reden und dem Chaos, das entsteht, wenn die Regierung Ausschreitungen mittels psychoaktiver Drogen im Leitungswasser vorbeugen will.


Mit Hilfe von pinkübersprudelnden Vitamintabletten, Puppen und Legofiguren, allerlei Soundeffekten, Rauchmaschinen und überzeugendem Spiel erleben wir, was passiert, wenn eine ganze Stadt sich in einem absurden Maß der Menschenliebe hingibt. Wir sehen, Tichy, der soeben ein Baum geworden ist, rätseln, ob die Ratte, auf der er gleich durch die Kanalisation reiten will, sein Freund ist oder ob sie ihm nur ähnelt und er sie deswegen bedenkenlos besteigen kann. Nach mehreren Körperwechseln wird Tichy in eine Brave New World-artige Zukunftswelt voller glücklicher Menschen in permanentem Drogenrausch versetzt.


Den beiden Darstellern gelingt es, die Bühne mit Atmosphäre zu füllen, geschickt tauschen sie ihre Identitäten, stiften Verwirrung, Angst und entlocken genügend Lacher. Die absurden Wirren von Lems Roman sind hier so unschuldig spielerisch, wie Ijon Tichy selbt eben ist, auf die Bühne gebracht. Ob es ein Ausdruck plumper Kreativität oder eine sozialpolitische Aussage ist, dass Tichy am Ende nicht die wahren Abgründe der futuristischen Gesellschaft erblickt und auch nicht aus seiner langandauernden Halluzination wiederkehrt, sei dahingestellt.



Die nächsten Termine sind: 10.6. & 7.7. 20.30h
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Fotos: DT
Der futurologische Kongress auf den Seiten des DT

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