29. März 2009

Doch nun ist alles feindlich

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Medea - Euripides (Übers.: Hubert Ortkemper)
Deutsches Theater Berlin
Regie: Barbara Frey
Bühne: Bettina Meyer
Kostüme: Gesine Völlm
Video: Bert Zander
mit: Nina Hoss, Michael Neuenschwander, Christine Schorn, Meike Droste, Gábor Biedermann, Matthias Bundschuh, Christian Grashof, Horst Lebinsky

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Nachdem Iason mit ihrer Hilfe das Goldene Vlies stiehlt und damit die Pläne seines Onkels, den gefürchteten Helden mit nur einem Schuh loszuwerden, durchkreuzt, flieht er mit Medea nach Korinth. Sie bringt dessen Töchter durch eine List dazu, Iasons Onkel zu töten und rächt damit ihren Geliebten. Unterwegs vermählt und in Korinth angekommen, zeug das Paar zwei Nachkommen, die zur Freude des Griechen auch noch männlich sind.

Doch Medea stammt aus Kleinasien, sie ist keine Griechin und damit eine Barbarin. Eine Ehe mit ihr - zudem außerhalb Griechenlands und ohne den nötigen rituellen Aufwand geschlossen - ist ungültig. Der vermeintliche Held nutzt diese Umstände, um ungeniert mit einer anderen Frau ins Bett zu gehen. Dazu wählt er nicht irgendjemanden, sondern die junge hübsche Königstochter Korinths. Diese Faktoren spielen für ihn aber keine Rolle, er denkt nämlich lediglich an das Wohlergehen seiner und Medeas Kinder, die er damit nicht in nur in den Bürger-, sonden auch in den Prinzenstatus erheben will. Dass Medea ihre Familie und Heimat für ihn verraten und ihren Bruder ermordet hat und obendrein als geschiedene Frau in Griechenland nur ein für eine Königstochter undenkbares Leben führen kann, interessiert den liebenden Gemahl kaum. Schon allein sein naturgegebener Mehrwert an Fleisch zwischen den Beinen gibt ihm Recht und alles scheint perfekt zu sein.

Medea, als Priesterin der Zaubergöttin Hekate und Enkelin keines Geringeren als des Sonnengottes, passt die Umtriebigkeit ihres Gatten natürlich überhaupt nicht. Sie rächt sich an ihm, an seiner neuen Braut, an deren Vater und an den gemeinsamen Söhnen und hinterlässt bei ihrer Flucht nach Athen einen Leichenberg und einen gebrochenen Helden.

Foto: DT

Eine Morticia Adams-artige Nina Hoss spielt die temperamentvolle Killerin, gefangen in einer viel zu engen Wohnung, in der nur Iason frei ein- und ausgehen kann. Ihren Weg daraus mordet sie sich frei, wobei sie sich selbst von den scheinbar näher kommenden Wänden nicht ins Gewissen reden lässt. Den etwas an den unrasierten Bud Bundy erinnernden Macho-Iason (Michael Neuenschwander) wickelt sie mühelos um den Finger, um ihm anschließend genüsslich in die Magengrube zu treten.

Auch wenn nach der Entstehung dieser Tragödie ca. 2.500 Jahre vergangen sind und man inbrünstig hofft, dass zumindest die Geschlechterverhältnisse sich geändert haben, lässt das Stück nicht kalt.
Die Sympathie liegt eindeutig auf der einsamen Seite Medeas, die sich mit einer weinenden und schluckenden Frauenrolle nicht begnügen will und alles opfert, was ihr lieb und teuer ist. Alles, inklusive der eigenen Kinder, instrumentalisiert sie, um dem Brecher ihres Herzens und ihres Stolzes das zu servieren, was alle enttäuschten, wütenden Bräute wollen: Rache. Ihr Vorgehen ist irrational und bis ins Detail durchgeplant zugleich und trifft den zum Erzfeind gewordenen Ex genau dort, wo es am meisten weh tut. Die Karriereplanung seiner Kinder als Altersvorsorge, die er eigensinnig und überaus männlich in die Hand nehmen wollte, wirft Medea innerhalb eines Tages um und entpuppt sich als der eigentliche Held.


nächster Termin: 3.4., 20h

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